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Frühkindliche Bildung

12.07.2013 10:20

Wie schon zu meiner Grundschulzeit (1980 er Jahre), wird an Schulen heute immer noch Verkehrserziehung mit einer abschließenden Fahrradprüfung angeboten . Als ich später mit meinem Kfz-Führerschein zugange war, machte ich die Feststellung, dass ich von dem damals Gelernten vieles nicht verlernt hatte und zum Teil davon profitieren konnte. Ich denke, dass lag sehr stark an der frühen Erziehung. Dies war für mich sehr prägsam und das Wissen hatte sich relativ gefestigt.
In einem Artikel der Zeit Online heißt es hierzu:  "Alle Bildungsprozesse der Grundschule, der Jugend, des Lebens", so schreibt es der Erziehungswissenschaftler Jörg Ramseger von der FU Berlin in einem Thesenpapier für die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung, "wurzeln in den Bildungsprozessen der frühen Kindheit."

Ausgehend von der eigenen Erfahrung und den wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Thema,  vertrete ich die Auffassung, dass auch in den Bereichen Sozial-  und Konfliktlösekompetenz frühkindliche Bildung und Erziehung unumgänglich ist.
 

Zum Thema Konflikte steht auf Planet Wissen Folgendes: Der Friedensforscher Johan Galtung erklärt Konflikte so: "Wir definieren Konflikt als eine Eigenschaft eines Systems, in dem es miteinander unvereinbare Zielvorstellungen gibt, so dass das Erreichen des einen Ziels das Erreichen des anderen ausschließen würde." Dennoch gibt es oft erstaunliche Lösungen, denn die Fähigkeit Probleme zu überwinden, ist eine kreative menschliche Eigenschaft. Erst wenn Gewalt ins Spiel kommt, wird ein Konflikt zu einer Bedrohung.
 

Bei der Förderung der Sozial- und Konfliktlösekompetenz sind m.E. zwei Punkte von hoher Bedeutung. Diese sollten demnach in der frühkindlichen Phase gelehrt und antrainiert werden:


1. Die (rationale) Dialogfähigkeit 1
Wenn während einer Kommunikation die Rechtfertigung einer Aussage oder eines Verhaltens gefordert wird, sollte die jeweiligen Person die Bereitschaft dazu zeigen.


Ein Fallbeispiel: Folgende Situation liegt vor. Es ist eine Apfelsine vorhanden. Zwei Personen möchte unbedingt diese Apfelsine haben. Die eine Person trifft folgende Aussage: "Ich möchte unbedingt die Apfelsine haben". Die andere Person entgegnet: "Warum sollst du die Apfelsine bekommen? Ich möchte diese auch haben." Somit entsteht eine unverträgliche Situation. Als Methode zur Lösung dieses Problems wird das Prinzip der sogenannten Transsubjektivität vorgeschlagen.


2. Transsubjektivität
In dem genannten Beispiel versucht man eine Lösung herbeizuführen, die für beide Seite verträglich ist. Bei der Lösungsfindung ist das Prinzip der Transsubjektivität zu beachten. Denn das "Transsubjektivitätsprinzip ist der Ausgangspunkt für die argumentative Vermittlung einer Unverträglichkeit" (KROPE 2009:37).

In unserem Beispiel kann folgende Situation vorliegen: Die eine Person braucht lediglich die Schale der Apfelsine, um diese bspw. in einem Kuchen zu verarbeiten und die andere Person möchte gerne das Fruchtfleisch. Dies kann aber erst dann herausgestellt werden, wenn beide Parteien bereit sind, über ihr Begehren und Bedürfnis offen zu reden. Gleichzeitig müssen beide die Bereitschaft haben, die eigenen Begehren und Vorstellungen beiseite zu legen und ein offenes Ohr für die andere Seite zu entwickeln, also versuchen, eine gewisse objektive Sichtweise anzunehmen. Dazu bedarf es auch, das in Frage stellen der eigenen Position. Bei der Gesprächsführung wird erwartet, dass die Aussagen wahrheitsgemäß sind. Dies wird erst dadurch möglich, wenn jeder Einzelen darum bemüht ist, seine Subjektivität zu überwinden. Paul Lorenzen (1974) nennt diese menschliche Leistung Transsubjektivität. Sie ist die Basis für das Gestalten eines ernsthaften Gesprächs.

 

 


1 Regeln des rationalen Dialogs:
• Anerkennung der prinzipiellen Beteiligungsmöglichkeit und -fähigkeit jeder Person am rationalen Dialog
• Sicherung der Beteiligung von Kommunikationspartnern durch Gestaltung des Diskurses im Hinblick auf nicht ausgrenzende Begriffswahl
• Transsubjektive8 Aussagen und Verhaltensformen
• Bereitschaft zur Begründung von Aussagen, wenn es verlangt wird
• Gestaltung des Kommunikationsrahmens durch Einsatz von Medien, die auf die Bedingungen der Beteiligten (Lebensweltanknüpfung) abgestimmt sind: z.B. mehrdimensionaleVermittlungsstrategien, 
angemessene Pausengestaltung, Diskursregeln, die allen eine optimale Beteiligung sichern“ (PETERSEN 2010:3)

 

 

Quellen/Literatur:

Krope, P. (2009): Ethische Grundlagen der pädagogischen Diagnostik. Zeitschrift für Interdisziplinäre Systembildung: Jg. 2, 1, 2009.

Lorenzen, P. (1974): Konstruktive Wissenschaftstheorie (S.29-39). Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main1974.    

Petersen, P. J. (2010): Ausbildung von benachteiligten Jugendlichen zu Streitschlichterinnen und Streitschlichtern. Ein Grundkurs. Kiel 2011. [Ms., unveröffentlicht.].

Planet Wissen (2013): Konflikte. https://www.planetwissen.de/kultur_medien/kommunikation/konflikte/index.jsp [Stand:05.07.2013].

Zeit Online (2013): Frühkindliche Bildung. Fördern, bevor es zu spät ist. https://www.zeit.de/2012/05/ C-Frueherziehung [Stand: 12.07.2013].
 

 

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